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Schloss Freiland schließt –
aus Verantwortung unseren Mitgliedern gegenüber
von Präsident Franz Groschan
Mit 31. August 2025 endet ein besonderes Kapitel in der Geschichte unseres Verbandes: Das KOBV-Erholungshaus Schloss Freiland schließt seine Türen. Nach mehr als 70 Jahren, in denen das Haus vielen Menschen mit Behinderungen ein Ort echter Begegnung und Wohlfühlort war, fällt diese Entscheidung mit schwerem Herzen.
Freiland war für viele ein zweites Zuhause. Auch für mich fühlt es sich ein wenig danach an. Seit 2003 habe ich das Schloss und seine wunderschöne Anlage im Rahmen von Kursen und Schulungen regelmäßig besucht und Gästegruppen durch das Haus geführt, um ihnen Urlaubsaufenthalte in Schloss Freiland ans Herz zu legen. Ich habe dort erlebt, was soziale Teilhabe bedeuten kann – und viele Freundschaften fürs Leben geknüpft.
Umso bedauerlicher ist es, dass wir diesen Ort nicht erhalten konnten. Die Herausforderungen waren zu groß: Das Gebäude hätte umfassend modernisiert werden müssen, gleichzeitig schossen die Betriebskosten in die Höhe. Parallel dazu wurden staatliche Fördermittel in den letzten Jahren gekürzt und Unterstützungsleistungen für Erholungsurlaube gibt es nicht. In diesem Umfeld kann ein Sozialverband wie der KOBV eine solche Einrichtung nicht mehr wirtschaftlich betreiben, denn die Preise für Erholungsaufenthalte müssen günstig bleiben, sonst macht die Idee hinter Schloss Freiland sowieso keinen Sinn. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern möchte ich an dieser Stelle für ihr beherztes Engagement meinen innigen Dank aussprechen!
Wir sehen leider eine gesamt-gesellschaftliche Tendenz: Immer öfter müssen gerade jene Angebote zurückgefahren werden, die Menschen mit Behinderungen echte Teilhabe ermöglichen. Was früher durch öffentliche Unterstützung möglich war, steht heute unter ständigem Budgetvorbehalt. Beim gesellschaftlichen Füreinander zu sparen, steht aber einer demokratischen Kultur nicht an.
Diese Haltung braucht es auch in einem anderen zentralen Bereich: Integrative Betriebe. Sie sichern österreichweit mehr als 3.400 Menschen mit Behinderungen stabile und fair entlohnte Arbeitsplätze – und das seit über 40 Jahren. Sie bieten mehr als nur Beschäftigung: Sie ermöglichen berufliche Identität, finanzielle Unabhängigkeit und gesellschaftliche Teilhabe.
Gerade jetzt, in wirtschaftlich fordernden Zeiten, braucht es Sicherheit und Verlässlichkeit für diese Betriebe – nicht Unsicherheit und Kürzungsdebatten. Denn wer hier spart, spart an den falschen Stellen: an Inklusion, an Chancengleichheit, an Würde.
Schloss Freiland war ein Symbol für die Werte, für die wir als KOBV stehen. Auch wenn sich diese Tore schließen – die Haltung bleibt, und vielleicht sogar jetzt erst recht: Teilhabe ermöglichen, Barrieren abbauen, Lebensqualität sichern. Ob in der Freizeit oder am Arbeitsplatz – es braucht Strukturen, die Menschen mit Behinderungen stärken. Dafür setzen wir uns weiter mit aller Kraft ein.
Ihr Franz Groschan
Gesprächstermin mit Frau Bundesministerin Korinna Schumann am 11. Juli 2025
Am 11. Juli wurden Herr Präsident Franz Groschan und Frau Generalsekretärin Regina Baumgartl zu einem persönlichen Gespräch von Frau Bundesministerin Korinna Schumann im Sozialministerium empfangen. Im Mittelpunkt stand die Vorstellung der mittlerweile 80jährigen Verbandstätigkeit des KOBV Österreich und der umfangreichen Serviceleistungen für Behindertenvertrauenspersonen durch unsere BVP-Servicestelle.
Frau BM Schumann wurde das aktuelle Forderungsprogramm des KOBV Österreich übergeben und insbesondere die Wichtigkeit der weiteren Finanzierung von Maßnahmen für die berufliche Inklusion von Menschen mit Behinderungen trotz der angespannten budgetären Lage des Ausgleichstaxfonds hervorgehoben. Erneut wurde vom KOBV Österreich auf die Notwendigkeit hingewiesen, ein alternatives Modell der Finanzierung des Ausgleichstaxfonds in Form eines solidarischen Behindertenbeschäftigungsbeitrages zu implementieren, um die Einnahmen des Fonds zu steigern. Frau BM Schumann äußerte sich unter Verweis auf den Widerstand der Wirtschaft gegen die Erhöhung der Lohnnebenkosten hinsichtlich einer zeitnahen Umsetzung skeptisch. Einigkeit herrschte über den wesentlichen Beitrag, den die Integrativen Betriebe Österreich bei der Lehrausbildung und Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen als Arbeitgeber leisten.
Präsident Groschan hob auch die Wichtigkeit der Fortführung der Finanzierung des Disability History Project mit dem Haus der Geschichte Österreich hervor. Zweck dieses Projektes ist die Aufarbeitung der Geschichte von Menschen mit Behinderungen und deren Eintreten für Inklusion. Im ersten Schritt wurden bereits Objekte zum Engagement von Menschen mit Behinderungen für die Sichtbarkeit, Anerkennung und Berücksichtigung ihrer Anliegen im Haus der Geschichte gesammelt. In einem zweiten Schritt soll nun die Verankerung der Geschichte von Menschen mit Behinderungen im kulturellen Gedächtnis durch Beiträge zur neuen Dauerausstellung sichergestellt werden.
Nach einem sehr konstruktiven Gespräch freuen wir uns auf weitere gute Zusammenarbeit mit dem Sozialministerium unter der Leitung von Frau BM Schumann.
Austauschtreffen mit Frau Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig am 11. August 2025
Am 11. August 2025 hatten Herr Präsident Franz Groschan und Frau Generalsekretärin Regina Baumgartl die Möglichkeit, mit Frau Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig in einem persönlichen Gespräch einige wichtige Forderungen im Gesundheitsbereich aus dem Forderungsprogramm des KOBV Österreich zu besprechen.
Anknüpfend an die soeben erst veröffentlichte Evaluierungsstudie der Wiedereingliederungsteilzeit wurde vom KOBV darauf hingewiesen, dass der Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung vom Entgegenkommen des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin abhängt und diese Bereitschaft leider immer wieder fehlt, weshalb es wichtig wäre, einen entsprechenden Rechtsanspruch auf Abschluss einer Wiedereingliederungsteilzeitvereinbarung gesetzlich zu regeln. Darüber hinaus wurde die Notwendigkeit der Verlängerung der maximalen Begrenzung dieser Teilzeitmöglichkeit von derzeit neun Monaten auf zumindest ein Jahr aufgezeigt.
Erörtert wurde darüber hinaus der sehr positive Effekt des im Jahr 2014 eingeführten Rehabilitationsgeldes. Dieses hat das Ziel, Menschen mit vorübergehender Arbeitsunfähigkeit durch medizinische Maßnahmen der Rehabilitation wieder fit für das Arbeitsleben zu machen und damit auch bestehende Dienstverhältnisse langfristig abzusichern. Dienstverhältnisse von Arbeitnehmer:innen privater Arbeitgeber:innen werden in Folge einer im AVRAG verankerten Regelung ex lege karenziert, wenn Rehabilitationsgeld bezogen wird. Diese Regelung gilt jedoch nicht für Vertragsbedienstete, was in der Praxis häufig zu Problemen führt, wie der KOBV aus der Beratung und Vertretung seiner Mitglieder weiß. Leider gibt es vielfach keine Bereitschaft öffentlicher Arbeitgeber:innen, die Dienstverhältnisse der Vertragsbediensteten für die Dauer des Rehageldbezuges einvernehmlich zu karenzieren, was in weiterer Folge zum Verlust des Arbeitsplatzes führt. Eine entsprechende gesetzlich vorgeschriebene Karenzierungsregelung für Vertragsbedienstete wäre daher dringend erforderlich, wie auch die Abschaffung der ex lege Beendigung von Dienstverhältnissen von Vertragsbediensteten nach einjährigem Krankenstand.
Aus den Erfahrungen des KOBV-Der Behindertenverband für Wien, NÖ und Bgld. als Träger des Orthopädischen Klinikums SKA Zicksee und der Vertretungstätigkeit der KOBV-Sozialrechtsabteilung in Sozialrechtsverfahren wurden Frau Staatssekretärin Königsberger-Ludwig Beispiele von Betroffenen geschildert, die deutlich zeigen, wie problematisch sich die optimale prothetische Versorgung für die Betroffenen gestaltet, dies obwohl zahlreiche medizinische Studien belegen, dass durch geeignete mobilitätsfördernde prothetische Hilfsmittel Folgeerkrankungen und damit auch Folgekosten im Gesundheitsbereich vermieden werden könnten. Das Maß des Notwendigen ist nicht genug, betonte Präsident Franz Groschan.
Der Austausch war insgesamt sehr konstruktiv und Frau Staatssekretärin Königsberger-Ludwig zeigte sich sehr offen für unsere Anliegen. Wir freuen uns auf weitere gute Zusammenarbeit.
EU-Kommission belässt Antidiskriminierungsrichtlinie im Programm
Am 17. Juli 2025 hat die Europäische Kommission überraschend entschieden, den Entwurf für die horizontale Antidiskriminierungsrichtlinie nicht aus ihrem Arbeitsprogramm zu streichen. Damit revidierte sie eine Ankündigung aus dem Jahr 2024, die nach heftiger Kritik von Parlament, Zivilgesellschaft und mehreren Mitgliedstaaten ins Wanken geraten war.
Die geplante Richtlinie, ursprünglich 2008 vorgeschlagen, soll Menschen nicht nur am Arbeitsplatz, sondern auch in Bereichen wie Bildung, Gesundheit, Wohnen und Zugang zu Dienstleistungen vor Benachteiligung schützen. Bisher garantiert EU-Recht einen solchen Schutz lediglich in Beschäftigung und Beruf. Ziel ist, Diskriminierung aufgrund von Behinderung, Alter, Religion, Weltanschauung oder sexueller Orientierung in allen Lebensbereichen zu verhindern.
Jahrelang scheiterte der Entwurf am Widerstand einzelner Länder, darunter Deutschland, Italien und Tschechien. Unter der derzeitigen dänischen Ratspräsidentschaft hoffen Befürworter nun auf Bewegung. Für viele Organisationen von und für Menschen mit Behinderungen ist die Richtlinie ein entscheidender Schritt, um endlich gleichwertigen Schutz auch jenseits des Arbeitsmarktes zu schaffen.
Die Grünen/EFA-Abgeordnete Katrin Langensiepen, Mitglied der Disability Intergroup (Inter-Parlamentarische Gruppe für Menschen mit Behinderungen) und des Gleichstellungsausschusses, begrüßte die Kehrtwende der Kommission: „Die heutige Entscheidung ist ein überfälliges Signal, dass die Europäische Union zu ihren Werten steht und ein Sieg für Millionen Menschen in Europa, die tagtäglich Diskriminierung erfahren, sei es wegen ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Religion oder ihrer Weltanschauung.“
Neben den moralischen und rechtlichen Aspekten betont Langensiepen auch den wirtschaftlichen Nutzen. Ein Bericht des Europäischen Parlaments schätzt, dass durch bessere Bildung und Gesundheit jährlich bis zu 55 Millionen Euro eingespart werden könnten. Ihr Fazit: „Antidiskriminierung ist ein sozialer, demokratischer und ökonomischer Imperativ. Jetzt ist es an der Zeit, den letzten Schritt zu gehen und diese Richtlinie endlich zu verabschieden. Europa darf bei Grundrechten keine Kompromisse machen!“
Auch Mag.a Evelyn Regner (SPÖ), österreichisches Mitglied des EU-Parlaments und Teilnehmerin an der Disability Intergroup äußert sich dazu auf der Social Media Plattform X: „Für ein diskriminierungsfreies Europa: Die dänische Ratspräsidentschaft will Einstimmigkeit für die horizontale Antidiskriminierungsrichtlinie suchen, wenn die Kommission das Gesetz am Tisch lässt. Wir müssen den öffentlichen Druck aufrechterhalten!“
Mit der Entscheidung vom 17. Juli ist das Vorhaben zurück auf der europäischen Agenda – und die Debatte um gleiche Rechte in allen Lebensbereichen neu entfacht.
14. BVP Infotag Niederösterreich
Am 28. April fand der 14. BVP-Infotag Niederösterreich im Leopoldsaal des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung statt. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Demokratie ist Ausreden-Lassen und Zuhören-Können“.
Die BVP wurden neben Präsident Franz Groschan auch von Hofrat Mag. Günther Widy, Landesstellenleiter des Sozialministeriumservice St. Pölten, sowie von Doris Schmidl, Abgeordnete zum NÖ Landtag in Vertretung von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, begrüßt. Moderiert wurde die Veranstaltung von Dr.in Stephanie Laimer, BVP-Servicestelle.
Michael Traindt, Autor, Coach und Trainer, eröffnete den Tag mit seinem Beitrag zum Thema „Schlagfertigkeit – klug reagieren statt später ärgern!“. Mit seiner langjährigen Erfahrung und seinem Fachwissen vermittelte Herr Traindt den Zuhörern wertvolle Einblicke in die Kunst der Schlagfertigkeit und zeigte auf, wie man in Alltagssituationen schnell und treffend reagieren kann. Zu Beginn seines Vortrags präsentierte er fünf grundlegende Regeln, die dabei helfen, in herausfordernden Situationen ruhig und überlegt zu bleiben.
Im Anschluss an seine Theorie lud Herr Traindt einen Freiwilligen ein, um das Gelernte in der Praxis zu erproben. Der Schlagabtausch zwischen Herrn Andreas Mühlbauer, ZBVP des Landes Niederösterreich, und Herrn Traindt war sowohl erhellend als auch unterhaltsam.
Der zweite Vortrag wurde von Mag. Konstantin Prager von der AK Niederösterreich zum Thema „Meine Rechte im Krankenstand“ gehalten. Er erläuterte, dass Arbeitnehmer:innen im Krankheitsfall bestimmte Rechte haben. Diese sind im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) und im Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) geregelt und sollen sicherstellen, dass man im Krankheitsfall die notwendige Unterstützung erhält und nicht benachteiligt wird. Ein zentrales Recht ist die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Je nach Dauer des Arbeitsverhältnisses variiert die Dauer der Entgeltfortzahlung: So erhalten Arbeitnehmer:innen beispielsweise im ersten bis zum 2. Dienstjahr acht Wochen volles Entgelt, danach vier Wochen halbes Entgelt. Wenn der Anspruch auf Entgeltfortzahlung vollständig erschöpft ist, zahlt der Krankenversicherungsträger das Krankengeld – bei halber Entgeltfortzahlung das halbe Krankengeld, danach das volle. Das Krankengeld muss beantragt werden, und die Bemessungsgrundlage orientiert sich am Bruttogehalt. Herr Prager ging auch auf das Recht auf Datenschutz im Krankenstand ein, das in der Praxis für die Behindertenvertrauenspersonen immer wieder ein Thema ist. Er erklärte, dass der:dem Arbeitgeber:in nur die notwendigen Informationen über die Krankheit zustehen, wie zum Beispiel die Dauer der Arbeitsunfähigkeit, jedoch keine Details über die Krankheit selbst.
Nach der Pause hörten die Teilnehmer:innen einen Vortrag über „Assistenzhunde (Blindenführhunde, Servicehunde und Signalhunde) im Einsatz für Menschen mit Behinderungen“ von Dipl.-Ing. Gloria Petrovics und Ing. Monika Gefing vom Verein „Freunde der Assistenzhunde Europas“. Sie brachten Licht ins Dunkel der Fragen: „Wer kann einen Assistenzhund zur Unterstützung beantragen?“, „Was kostet ein Assistenzhund derzeit in Österreich?“ und „Wo erhält man nähere Informationen über Assistenzhunde?“. Denn Fakt ist, die Anschaffung eines Assistenzhundes ist kostenintensiv. Menschen mit mindestens 50 Prozent Grad der Behinderung können unter bestimmten Voraussetzungen eine Förderung des Sozialministeriumservice zur Anschaffung eines Assistenzhundes erhalten, wenn dieser für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit zur Erhöhung ihrer Mobilität benötigt wird. Die Höhe der Förderung ist bei Blindenführhunden mit der maximal 112-fachen Ausgleichstaxe gemäß § 9 Abs. 2 erster Satz BEinstG und bei Service- und Signalhunden mit der maximal 40-fachen Ausgleichstaxe gemäß § 9 Abs. 2 erster Satz BEinstG begrenzt. Für nicht berufstätige Personen kann die Anschaffung eines Assistenzhundes aus dem Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung mit bis zu 6.000 Euro gefördert werden (Sozialministeriumservice). Ein Rechtsanspruch auf Förderung für die Anschaffung eines Assistenzhundes besteht jedoch nicht.
Ausgeklungen ist die Veranstaltung bei Speis und Trank aus der Landhausküche.
Baustelle Inklusion 2025
Eine starke Botschaft vor dem Österreichischen Parlament in Zusammenarbeit zahlreicher Behindertenverbände
Text von Mag.a Viktoria Antrey
Am 5. Mai, dem Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen, verwandelte sich der Vorplatz des Parlaments in Wien in eine beeindruckende „Baustelle Inklusion“. Unter dem Motto „Jeder Artikel zählt – wir bauen auf Menschenrechte, nicht auf Ausreden“ setzten der KOBV Österreich, der Österreichische Behindertenrat, Lebenshilfe Österreich, ÖZIV Bundesverband, Diakonie, Caritas Österreich, Caritas Wien, Dachverband berufliche Inklusion Austria, Jugend am Werk, BIZEPS – Zentrum für Selbstbestimmtes Leben, Ohrenschmaus und SLIÖ ein visuelles wie hörbares Statement. Immerhin dauerte die Baustelle im Parlament 10 Jahre, während die Baustelle Inklusion bereits über 17 Jahre währt. Denn die UN-Behindertenrechtskonvention wurde 2008 vom Nationalrat ratifiziert, vollständig umgesetzt ist sie aber bis heute nicht.
Von 9 bis 19 Uhr lief ein ganztägiger Lesemarathon: Artikel um Artikel der UN-Behindertenrechtskonvention wurden vor Publikum und laufender Kamera verlesen – jede Stunde mit einer neuen Stimme. Für den KOBV Österreich lasen Sabine Autheriedt-Zodl und Elfi Jirsa, beide engagierte Funktionärinnen des Landesverbandes KOBV – Der Behindertenverband Wien, NÖ, Burgenland.
Auch der Tiroler KOBV beteiligte sich am Protesttag. Karl Zabernig, Landesgeschäftsführer des Tiroler KOBV, reiste aus Lienz an, um vor Ort Gesicht zu zeigen und damit zu unterstreichen: Für uns reicht es nicht, am Papier zu bauen – wir wollen spürbare Fortschritte sehen.
Vizepräsident des KOBV-Österreich Georg Fitzthum hatte Gelegenheit, Hadschi Bankhofer für „Radio Wien“ die verdrießliche Situation der Behindertenrechte darzulegen. Er forderte klare Taten ein und brachte die Anliegen direkt ins Wohnzimmer der Wiener:innen. Immerhin wurde Österreich auch von der UN für seine schleppende Umsetzung der UN-BRK gerügt.
Auch vereinzelte Politiker:innen kamen aus dem Parlament hinaus auf die Baustelle Inklusion. So konnte unter anderem mit Bundesministerin Korinna Schumann, Fiona Fiedler (Abgeordnete zum Nationalrat, NEOS), Ralf Schallmeiner und Bedrana Ribo (beide Abgeordnete zum Nationalrat, Grüne) über die Notwendigkeit der finalen Bauabnahme gesprochen werden. Denn: Wir wollen endlich einziehen!
Digital Services Act gegen Ableismus
Die digitale Welt ist längst mehr als ein Ort der Nuller und Einser. Die Lebenswirklichkeit findet zunehmend im Virtuellen statt – eine Tatsache, die auch Gewalt-Erfahrungen mit sich bringt.
von Mag.a Viktoria Antrey
Am 6. Mai 2025 veranstaltete die KommAustria, Medienbehörde im Rahmen der RTR-GmbH, eine Podiums-Diskussion zum Thema „Digital Services Act – Europas Schutz gegen Hassrede“. Behörden, Zivilgesellschaft und Interessen-Vertretungen diskutierten über die Umsetzung des Digital Services Act (DSA) und dessen Auswirkungen auf den Schutz vor digitaler Gewalt. Als Vertreterin des KOBV Österreich durfte Mag.a Viktoria Antrey die Perspektive von Menschen mit Behinderungen einbringen.
Rechte statt Rückzug
Menschen mit Behinderungen erleben im digitalen Raum häufig abwertende Sprache, Stereotypisierung und Diskriminierung – kurz: Ableismus. Die Formen von Hassrede reichen von Beleidigungen über Untergriffigkeiten bis zu Androhung physischer Gewalt. Letztere treten besonders dann auf, wenn der Körper mit sichtbarer Behinderung abgebildet wird. Solche Angriffe verursachen psychische Belastung und Angst und führen oft dazu, dass Betroffene sich zurückziehen. Doch dieser Rückzug verstärkt bestehende Ausgrenzung. Viele Menschen mit Behinderungen sind von Einsamkeit betroffen – digitale Plattformen bieten oft die wichtigste Kommunikations-Möglichkeit. Ein Rückzug aus Angst ist daher keine Option. Es braucht kompromisslosen Schutz im digitalen Raum.
Kontrolle und Schutz
Der DSA, seit Februar 2024 wirksam, verpflichtet Online-Plattformen, illegale Inhalte wie Hassrede zügig zu entfernen. Die zentrale Rolle spielt die Einrichtung sogenannter „Trusted Flaggers“. Diese von nationalen Koordinatoren zertifizierten Stellen – in Österreich übernimmt das die KommAustria – melden illegale Inhalte mit Priorität. ZARA (Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit) gehört zu diesen Meldestellen. Der ÖBR und seine Mitgliedsorganisationen wurden eingeladen, bei gemeldeten Fällen mit ZARA zusammenzuarbeiten.
Wichtig ist auch der überarbeitete Verhaltens-Kodex zur Bekämpfung illegaler Hassrede. Plattformen müssen Maßnahmen treffen und über deren Wirksamkeit berichten. Für Menschen mit Behinderungen heißt das: spezifische Diskriminierungen müssen erkannt und entfernt werden.
Sprach-Sensibilisierung
Die RTR (Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH) überwacht als Regulierungsbehörde die Einhaltung des DSA und kann Sanktionen setzen. Doch in der Praxis werden viele Formen von Hassrede gegen Menschen mit Behinderungen nicht erkannt. Stereotype, subtile Diskriminierungen und ableistische Sprache sind tief verankert. Es braucht Sensibilisierung – bei Plattformen ebenso wie in der Gesellschaft. Und: Meldestellen müssen barrierefrei sein; ein echter Mensch, fit in leichter Sprache, das Umfeld ruhig. Denn Gewaltschutz kann nur gelingen, wenn sich Betroffene überhaupt mitteilen können.
Der DSA stellt einen wichtigen Schritt dar, um den digitalen Raum sicherer und inklusiver zu gestalten. Menschen mit Behinderungen erhalten damit neue Wege, sich zu wehren und ihre Rechte einzufordern. Plattformen, Behörden, Zivilgesellschaft und Nutzer:innen müssen diese Wege auch gehen – gemeinsam, entschlossen und barrierefrei.
Digital Services Act: https://www.bmj.gv.at/themen/EU-und-Internationales/Digital-Services-Act.html
RTR-GmbH Beschwerdestelle: https://www.rtr.at/medien/was_wir_tun/DigitaleDienste/plattformen/Beschwerdestelle/Startseite_Beschwerdestelle.de.html
ZARA: https://www.zara.or.at
I wü a hackeln!
Die Inklusionstagung 2025 drehte sich um das Recht auf Arbeit und Wertschätzung
Text von Mag.a Viktoria Antrey
Rund 270 Teilnehmer:innen folgten der Einladung von vida, PRO-GE, AK Wien, ÖGB, KOBV und ÖZIV zur Inklusionstagung im Wiener Gewerkschaftshaus. In Panels, Workshops und Diskussionen standen innovative Arbeitsmodelle, der Umgang mit Krankheit im Job sowie gesellschaftliche und mediale Wahrnehmung von Menschen mit Behinderungen im Fokus.
Franz Groschan, Präsident des KOBV betonte: „Gleiche Chancen auf Arbeit sind Grundlage für echte Teilhabe. Es ist Zeit, Barrieren im Denken und Handeln abzubauen.“ Auch ÖGB-Geschäftsführerin Helene Schuberth kritisierte, dass viele Unternehmen lieber Ausgleichstaxen zahlen als Menschen mit Behinderungen einzustellen – und forderte echte Maßnahmen statt symbolischer Beiträge.
KOBV-Generalsekretärin Dr.in Regina Baumgartl stellte in der Diskussion zu alternativen Arbeitsmodellen das Konzept eines solidarischen Behindertenbeschäftigungsbeitrags vor – als Reform der bisherigen Ausgleichstaxe. Dieser soll aktive Anreize schaffen, etwa durch Prämien für inklusive Betriebe. Baumgartl betonte, dass Inklusion angesichts des Fachkräftemangels auch wirtschaftlich geboten sei. Diversität stärke Innovation und Produktivität – ein Gewinn für alle.
Sie forderte zudem einen Rechtsanspruch auf umfassende Maßnahmen der Rehabilitation und Übernahme der Kosten für die bestmögliche Versorgung mit Hilfsmitteln ein. Leider werde gerade in diesem Bereich vielfach am falschen Platz gespart, was für eine berufliche Eingliederung bzw. die Erhaltung des Arbeitsplatzes hinderlich sei. Auch die Problematik der Folgeerkrankungen auf Grund der nicht ausreichenden Versorgung mit Hilfsmitteln werde derzeit viel zu wenig berücksichtigt.
In einem Workshop diskutierte BVP-Servicestellen-Juristin Dr.in Stephanie Laimer gemeinsam mit Vertreter:innen aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft die mediale Darstellung von Menschen mit Behinderungen – und deren Einfluss auf gesellschaftliche Teilhabe.
Infostände, Kunst-Darbietungen und zahlreiche Vernetzungsmöglichkeiten rundeten den Tag ab.
Stabilität und Verantwortung
Erfolgsmodell seit über 40 Jahren - Bei „Integrative Betriebe Österreich“ gehen Wirtschaftlichkeit und sozialer Auftrag Hand in Hand
Text von Mag.a Viktoria Antrey
Acht Unternehmen vereinen sich unter „Integrative Betriebe Österreich“. Sie sichern mit 3.400 Mitarbeiter:innen, darunter mehr als 400 Lehrlinge, an 24 Standorten stabile Arbeitsplätze, hochwertige Produkte und Dienstleistungen für Kund:innen aus verschiedensten Branchen.
Rund 75 Prozent der Mitarbeiter:innen in den Integrativen Betrieben sind Menschen mit Behinderungen. Faire und langfristige Arbeitsverhältnisse ermöglichen ihnen umfassende gesellschaftliche Teilhabe. Gerade in Krisenzeiten zeigt sich die Bedeutung der Integrativen Betriebe als verlässliche Arbeitgeber. Während viele Unternehmen Personal abbauen oder auf befristete Arbeitsverhältnisse setzen, bieten sie langfristige berufliche Perspektiven.
Studie zeigt: Jeder Förder-Euro schafft drei Euro volkswirtschaftliche Wirkung
Die Studie „Integrative Betriebe 2020+“ zeigt den volkswirtschaftlichen Nutzen der Integrativen Betriebe. Auf Basis einer Wirkungsanalyse der Jahre 2016 bis 2018 wurde berechnet, dass jeder investierte Förder-Euro im Schnitt zu einem Wertschöpfungseffekt von knapp drei Euro führt.
Neben der direkten wirtschaftlichen Leistung dokumentiert die Studie auch einen Beschäftigungseffekt von 3.479 Vollzeit-Äquivalenten sowie positive Effekte auf Einkommen von etwa 140 Mio. Euro. Ebenso gibt es steuerliche und Kaufkraft-Effekte von jeweils rund 75 Mio. Euro. Die Förderung der Integrativen Betriebe bringt also mehrfachen Nutzen – ökonomisch wie gesellschaftlich.
Die „Integrative Betriebe Lehrausbildung (IBL)“
Die „Integrative Betriebe Lehrausbildung (IBL)“ bereitet gezielt auf den ersten Arbeitsmarkt vor und ermöglicht damit eine nachhaltige berufliche Integration. Jungen Menschen mit Behinderungen wird eine vollwertige Ausbildung inklusive regulärem Lehrabschluss in über 30 verschiedenen Lehrberufen geboten. Dabei wird auf ein breites Spektrum an Branchen gesetzt – mit zahlreichen attraktiven Lehrberufen für unterschiedliche Interessen und Talente.
Die „Integrative Betriebe Österreich“ sind eine Dachmarke, unter der acht Unternehmen österreichweit wirtschaftliche Leistungen mit sozialem Mehrwert erbringen: ABC Service & Produktion Integrativer Betrieb GmbH, Geschützte Werkstätten - Integrative Betriebe Salzburg GmbH, GW St. Pölten Integrative Betriebe GmbH, Geschützte Werkstätte – Integrative Betriebe Tirol GmbH, GW Wiener Neustadt GmbH, Team Styria Werkstätten GmbH, teamwork Holz- und Kunststoffverarbeitung GesmbH, Wien Work - Integrative Betriebe und AusbildungsgmbH.
Standing Ovation: Mit Technologie zu mehr Inklusion und Prävention am Arbeitsplatz
Text von Mag.a Viktoria Antrey
Moderne Unternehmen stehen vor der Herausforderung, einerseits qualifizierte Fachkräfte langfristig gesund zu halten und andererseits inklusive Arbeitsbedingungen zu schaffen. Mit dem medizinischen Assistenzsystem „Standing Ovation“ wird beides möglich – und das mit überschaubarem Aufwand.
Das innovative System erlaubt Menschen mit eingeschränkter Belastbarkeit der Beine die aufrechte Bewegung in einem definierten Arbeitsbereich – bei vollständig freihändigen Tätigkeiten. Dabei wird das Körpergewicht über einen individuell anpassbaren Sattel und ein überkopf montiertes Liftsystem aufgenommen und verteilt. Restmobilität in den Beinen genügt, um sich innerhalb des Arbeitsbereichs nahezu mühelos zu bewegen.
Das System ist flexibel anpassbar: Die Tragstruktur kann an Decken montiert, zwischen Wänden gespannt oder als freistehende Lösung installiert werden. Die maximale Arbeitsbreite beträgt sechs Meter, die Länge ist theoretisch unbegrenzt. Damit eignet sich „Standing Ovation“ besonders für industrielle, handwerkliche oder logistische Arbeitsplätze mit einem Bewegungsradius bis ca. 40 m².
Neben dem inklusiven Potenzial bietet das System erhebliche Vorteile im Bereich der Prävention. Durch die ergonomisch optimale Sitzposition, die entlastete aufrechte Haltung und das gezielte Training von Rumpf- und Gleichgewichtsmuskulatur können krankheitsbedingte Ausfälle langfristig reduziert werden. Fehlhaltungen, Rückenprobleme oder frühzeitige Ermüdung werden effektiv vermieden.
Erfahrungen zeigen, dass Menschen mit orthopädischen oder neurologischen Einschränkungen – z. B. nach Unfällen, mit Amputationen oder chronischen Erkrankungen wie Rheuma oder Multiple Sklerose – mit Standing Ovation wieder aktiv am Arbeitsleben teilhaben können. Auch temporäre Nutzung bei Belastungsschmerzen ist möglich und sinnvoll.
Für Unternehmen bedeutet das: Mit vertretbarem Investitionsaufwand, die zudem durch Förderungen des Sozialministeriumsservice geschmälert werden können, lassen sich bestehende Arbeitsplätze erhalten, neue inklusive Positionen schaffen und gleichzeitig gesundheitliche Belastungen der Belegschaft nachhaltig reduzieren. „Standing Ovation“ ist somit ein Beispiel dafür, wie technischer Fortschritt, soziale Verantwortung und wirtschaftliche Effizienz Hand in Hand gehen können.